Zurückhaltung der Partner der Ukraine bezüglich des Siegesplans ermutigt Russland nur zur Aggression – österreichischer Militär
Die Vereinigten Staaten und die europäischen Länder haben mit Zurückhaltung auf den Siegesplan der Ukraine reagiert, ohne Schlüsselverpflichtungen einzugehen, vor allem in Bezug auf Sicherheitsgarantien und Angriffe mit westlichen Langstreckenwaffen, was Russland nur zu weiteren Angriffen ermutigt.
Solche Meinung äußerte Markus Reisner, Oberst des österreichischen Bundesheeres, in einem exklusiven Kommentar für den Ukrinform-Korrespondenten.
„Die Rückmeldungen aus den USA und Europa zum Siegesplan von Präsident Zelensky sind verhalten. Sie schwanken zwischen weiteren Hilfszusagen und verbalen Unterstützungserklärungen. Es fehlen aber zentrale Zusagen. Einerseits notwendige Sicherheitsgarantien und andererseits die Mittel sowie die Erlaubnis mit weitreichenden Waffen Druck auf die russischen Streitkräfte auszuüben. Ohne diese Zusagen kann die Ukraine aber nicht auf Augenhöhe mit Russland verhandeln“, sagte er.
Nach Überzeugung des österreichischen Militärexperten scheint der Hauptverbündete der Ukraine, die USA, „seine Prioritäten zu ändern“. „Wie scheint es sonst erklärbar, dass Israel bald eine zweite potente hochmoderne Fliegerabwehrbatterie vom Typ THAAD bekommt, während die Ukraine lange um eine zweite Patriot-Batterie aus den USA bitten musste. Zudem blickt in den USA alles innenpolitisch auf die kommende Wahl“, merkte Reisner an.
Ihm zufolge könne Russland trotz aller wirtschaftlichen und militärischen Macht der westlichen Verbündeten nicht „in die Schranken gewiesen werden“.
„Dieses Verhalten der USA und Europas bestärkt Russland in seinen Angriffen. Man sieht sich auf den Seelower Höhen mit Blick auf Berlin. Man knüpft weiter Verbindungen im Rahmen der BRICS-Initiative. Russland fühlt sich sicher durch die Unterstützung von China, Indien, dem Iran, Nordkorea und der Türkei. So kann die knirschende russische Kriegswirtschaft aufgefangen werden“, ist der Militärexperte überzeugt.
Er betonte ferner, dass der kommende Winter für die Ukraine besonders schwierig werde, da Russland seine zerstörerischen Angriffe fortsetzen werde.
„Auf der strategischen Eben zerstört man weiter die bereits zu 80 % getroffene kritische Infrastruktur. Auf operativer Ebene erfolgen Angriffe entlang der gesamten Front, um der Ukraine es unmöglich zu machen neue offensivfähige Reserven zu bilden. Die taktische Ebene hingegen ist geprägt vom rücksichtlosen permanenten Einsatz von russischen (bald auch nordkoreanischen?) Sturmtrupps auf breiter Front, Artillerie- und Raketenwerfereinsätzen und zehntausenden Drohnenattacken und Gleitbombenabwürfen“, stellte Reisner fest.
Wie berichtet, umfasst der von Präsident Selenskyj vorgelegte Siegesplan fünf Punkte: den ersten – geopolitischen, den zweiten und dritten – militärischen, den vierten – wirtschaftlichen und den fünften – Sicherheit.
Der erste Punkt sieht die Einladung zur Nato vor. Der zweite betrifft die Verteidigung, insbesondere die Übergabe einer klaren Liste von Waffen, die die Kampfkräfte der ukrainischen Soldaten unterstützen können. Der dritte Punkt bestimmt die Schaffung abschreckender Kräfte. Der vierte umfasst die strategische wirtschaftliche Zusammenarbeit und den erhöhten Sanktionsdruck auf den Aggressor. Der fünfte Punkt ist für die Nachkriegszeit konzipiert und sieht die Möglichkeit vor, bestimmte militärische Kontingente der US-Streitkräfte, die in Europa oder auf anderen Kontinenten stationiert sind, durch ukrainische Einheiten zu ersetzen.