Olha Stefanischyna, Vize-Ministerpräsidentin für europäische und euro-atlantische Integration
Die Ukraine in die "Oberliga" in Bezug auf den Dialog mit der EU aufgestiegen
In Warschau feierte man feierlich das 100-jährige Jubiläum der Schlacht bei Warschau, als die polnische Armee mit Unterstützung der Verbündeten, der UNR-Armee (Ukrainische Volksrepublik - Red.) die Bolschewiki besiegte.
Die Teilnahme an der offiziellen Zeremonie nahm von der Ukraine die Vize-Ministerpräsidentin für europäische und euro-atlantische Integration Olga Stefanischyna. Im Gespräch mit dem eigenen Korrespondenten Ukrinform sprach sie über die Aussichten der Zusammenarbeit mit Polen, insbesondere im Bereich der Sicherheit, die Initiative des Lubliner Dreiecks und die Möglichkeit, die Ukraine zur Lösung der Situation in Weißrussland heranzuziehen.
Olha Vitaliiwna, bei Ihrem Besuch in Warschau haben Sie sich mit dem Vorsitzenden des polnischen Büros für nationale Sicherheit, Pawel Soloch, getroffen. Worauf wurde während des Treffens hingewiesen, wie sind die weiteren Aussichten auf Zusammenarbeit?
Wir haben Möglichkeiten des Zusammenwirkens im Zusammenhang mit hybriden Bedrohungen besprochen. Das war das Leitmotiv unseres Treffens, denn Herr Soloch legt großen Wert darauf. Kyjiw hat bereits ein hohes Niveau militärischer Zusammenarbeit mit der NATO bestätigt, nicht nur durch militärische Übungen, sondern auch durch die Bereitstellung von den weltweit größten Flugzeugen zur Frachtbeförderung der Allianz. Dieser Dialog wird sich ausweiten und mit neuen Möglichkeiten im Rahmen der Partnerschaft gefüllt. Insbesondere wird das ukrainische Militär- und Zivilpersonal die Möglichkeit bekommen, in den Strukturen der NATO als Sonderoffiziere zu arbeiten. Aber die wahrhaft einzigartige Rolle der Ukraine als eines Partners der NATO mit erweiterten Möglichkeiten (EOP) sollte darin bestehen, die Erfahrungen der Ukraine im Kampf gegen hybride Bedrohungen organisch zu strukturieren. Dies betrifft Informationsangriffe, Cybersicherheit, Datenschutz und -austausch, die Bekämpfung feindlicher Informationskampagnen, Propaganda und ähnliches. In Zusammenarbeit mit dem Sicherheits- und Verteidigungsrat der Ukraine (RNBO) wollen wir Institutionen aufbauen, die diese Erfahrungen zusammenfassen und dementsprechend Stabilitätsinstrumente für diese hybriden Bedrohungen entwickeln. Ich glaube, dass Polen einer unserer wichtigsten Verbündeten sein wird, um diese Erfahrungen zu sammeln und im Rahmen des Programms für erweiterte Möglichkeiten umzusetzen.
Und haben Sie die Ereignisse in Weißrussland besprochen?
Ja, ich habe eine besondere Rolle Polens bei der Initiierung und aktiven Reaktion nicht nur der einzelnen Länder, sondern auch der EU auf die Ereignisse in Weißrussland betont. Ich meinerseits glaube, dass die Ukraine eine wichtige Rolle bei der friedlichen Beilegung dieses Konflikts spielen und die Durchführung fairer Wahl in Weißrussland sicherstellen kann. Minsk ist sowieso ein strategischer Partner der Ukraine und wir sind bereit, sich alle Mühe zu geben, dass dies auch in Zukunft so sein wird.
Es ist auch klar, dass die Ukraine, Polen und die NATO zusammen die Sicherheit im Schwarzen Meer erhöhen müssen. Wir haben diese Frage und die Schritte diskutiert, die wir gemeinsam unternehmen können, um dieses Verständnis in der NATO zu fördern. Und da dies meine persönliche Priorität im Amt ist, haben wir den Beitritt der Ukraine zur NATO-Strategie für die nächsten 10 Jahre (NATO Reflection Process) diskutiert. Ich hoffe, dass die Ukraine den richtigen Platz in der neuen NATO-Strategie einnimmt. Und dies wird zumindest nicht nur die Strategie des Nordatlantischen Bündnisses, sondern auch die der Ukraine für die nächsten 10 Jahre bestimmen.
Vor einigen Wochen haben die Ukraine, Polen und Litauen eine neue politische Initiative, das Lubliner Dreieck, geschaffen. Wie sind die Aussichten der Ukraine, an diesem Format teilzunehmen, was es für die Ukraine eröffnet?
Es ist ein natürlicher Prozess, solche regionalen Bündnisse werden im Laufe der Zeit auch mit anderen Ländern geschaffen. Die Ukraine ist in die "Oberliga" in Bezug auf den Dialog mit der EU aufgestiegen. Unsere Ambitionen steigen ebenso wie unsere Chancen. Ein Beweis dafür ist die Initiative des Lubliner Dreiecks, der die Ukraine nicht beigetreten hat, sondern eine gleichberechtigte Seite dieser Initiative ist. Demgemäß sprechen wir nicht nur über die Unterstützung, Koordination der Positionen, sondern auch über die Gestaltung von Strategien zu Themen von gemeinsamem Interesse. Es geht um regionale Zusammenarbeit, einschließlich militärischer Zusammenarbeit, Förderung der europäischen und euro-atlantischen Integration der Ukraine. Die Tatsache, dass das Lubliner Dreieck auf Außenministerebene beruht, zeigt ein hohes Maß an Verständnis für die Herausforderungen in der Außenpolitik. Deshalb wird es hier auch ein hohes Koordinationsniveau geben.
Je mehr die Ukraine wirtschaftlich wächst und je mehr Transformationen innerhalb der Ukraine stattfinden, desto ehrgeiziger und stärker wird unser Dialog mit den Partnern sein. Derartige Initiativen sind ein Beweis dafür, dass die Ukraine zu einem vollwertigen Akteur in der internationalen Arena wird.
In der Ukraine wird derzeit intensiv diskutiert, ob es sinnvoll sei, Treffen der Trilateralen Kontaktgruppe in Minsk angesichts der jüngsten Ereignisse in Weißrussland und nach unfreundlichen Aussagen und dem Vorgehen von Minsk gegenüber Kyjiw weiter abzuhalten?
Der Verlauf von Ereignissen ist schnell genug, wir haben die Situation genau verfolgt, auch im Zusammenhang mit der Fortsetzung der Verhandlungen in Minsk. Für den 18. August ist eine nächste Sitzung der Trilateralen Kontaktgruppe geplant. Weißrussland spielte eine bedeutende Rolle bei der Aufnahme und Unterstützung des Verhandlungsprozesses. Aber wie ich schon gesagt habe, ist die Situation dynamisch: Einerseits wurden Protestierende freigelassen, die zuvor festgenommen wurden, unter ihnen drei Bürger der Ukraine, über sie wurden Konsultationen mit den weißrussischen Behörden durchgeführt. Zugleich wurde beschlossen, die "Wagnerianer" an die Russische Föderation zu übergeben. All dies erfordert von uns angemessene Maßnahmen, um zu reagieren.
Wie sind Prioritäten der Beziehungen zwischen der Ukraine und Polen. Worauf muss man heute am meisten achten?
Die allgemeine Dynamik der Beziehungen zwischen der Ukraine und Polen ist auf einem sehr hohen Niveau. Ich würde drei Prioritäten festlegen. Erstens die Zusammenarbeit über die Integration der Ukraine in die EU und die NATO. Hier besteht ein unmittelbares Interesse der polnischen Seite, denn die europäische Integration ist in erster Linie Handels- und Wirtschaftsmöglichkeiten.
Zweitens ist das die Zusammenarbeit im Bereich Sicherheit und Sicherheit im Schwarzen Meer... Hier gewinnt unsere euro-atlantische Richtung zunehmend an Gewicht angesichts der steigenden Militärpräsenz der Russischen Föderation, der Ausweitung der gesetzwidrigen Kontrolle über die einzelnen Gebiete des Asowschen und Schwarzen Meeres.
Es ist wichtig, und ich werde nicht müde, die bedeutende Rolle unserer diplomatischen Institutionen, insbesondere der ukrainischen Botschaft in Polen, in Bezug auf die Verbreitung wahrer Informationen über historische Ereignisse, insbesondere die Ereignisse vor 100 Jahren, hervorzuheben. Heutige Feierlichkeiten zur Warschauer Schlacht sind ein wichtiges Element der Wiederherstellung historischer Gerechtigkeit und Wahrheit über die Rolle der Ukraine in der Geschichte Europas, zu der unser Land seit je gehört.
Die Wiederherstellung des historischen Gedächtnisses ist daher ein sehr wichtiger Prozess, der sich auf einem sehr hohen Niveau zwischen der Ukraine und Polen entwickelt.
Juri Banachewytsch, Warschau
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