Aus Deutschland mit Liebe und … mit Tourniquets
Sie liefern täglich Krankenwagen in die Ukraine, Busse für die Evakuierungen und unzählige taktische Medizinprodukte. Es ist für deutsche Volontäre ebenso schwierig wie auch für ukrainische sie aus Lagerhallen zu holen. Es ist auf Defizit zurückzuführen. Taktische Medizinprodukte sind Verbrauchsgüter, die ständig und ausreichend sein müssen. Das Problem wird dank Verträgen mit Partnern gelöst, bei denen diese Güter am besten beschaffen kann. Es geht aber nicht nur um Defizit. Deutsche Volontäre haben ähnliche Probleme wie unsere – Kriegsmüdigkeit der Bevölkerung sowie auch unter Volontären... Dies ist proportional zur Reduzierung von Spenden. Allerdings lassen die Verantwortung und Geschichten aus der Front, wie Hilfe von Volontären die Leben rettet, nicht, dass man stoppt.
In einem Gespräch von Ukrinform mit dem stellvertretenden Vorsitzenden der größten Volontärorganisation in Süddeutschland, des Vereins Bamberg:UA, Dennis Dechnik, geht darum, wie Deutsche nicht müde sind, Freiwilligenarbeit zu leisten, um uns zu helfen, den Krieg gegen Russland zu gewinnen. Die Rede ist im Gespräch auch davon, wie man jedes Mal verschiedene Methoden ausdenkt, um Spenden von gewöhnlichen deutschen Birger*innen zu erhalten, wie man Rocker und bayerische Rotary Clubs zur Arbeit heranzieht.
RETTUNGSMATERIAL UND KRANKENWAGEN WERDEN TÄGLICH IN DIE UKRAINE GESCHICKT
Seit Ausbruch des Krieges 2014 hätte man begonnen, als Volontäre zu arbeiten. Davor war in Bamberg eine Initiativgruppe tätig, die sich mit Hilfe für Soldaten der Anti-Terror-Operation (ATO) und Kinder befasste. Im Allgemeinen begann die Organisation mit ukrainischen Studierenden, die nach Bamberg kamen, um an der Universität zu studieren – Masterstudium und im Rahmen des Austauschs. Mädchen hätte das initiiert. Und auch jetzt seien 70 Prozent Mitglieder der Organisation Mädchen, teilte Dennis mit.
Er machte ferner deutlich, dass sich Volontäre um die griechisch-katholische Gemeinde, geleitet von Pfarrer Bohdan Pushkar, scharrten. Sie hätten nicht nur Hilfsgüter in die Ukraine geschickt, sondern auch sich mit Kulturaustausch beschäftigt – organisierten Konzerte. Offiziell hätten sie sich 2017 als gemeinnützige Stiftung registriert.
Dennis wurde in der Ukraine geboren. Bis zu seinem 16. Lebensjahr lebte er in Shytomyr. Er hat sich damals auch mit Hilfe für ukrainische Weisenkinder beschäftigt. Bamberg.UA schloss er sich seit Beginn des umfassenden Krieges an.
Aber er arbeitete parallel, so Dennis weiter, er und seine Freunde halfen noch vor dem Krieg den Kindern aus Familien mit geringem Einkommen in der Ukraine. Sie baten ihnen gebrauchte Kleidung an. machten Geschenke zum Weihnachten u.ä. Als die Invasion begann, hätten sie in den ersten zwei Tagen drei Lastwagen mit medizinischen Hilfsgütern in die Ukraine geschickt. Es waren Rettungsmittel und alles Nötiges für Krankenhäuser. Man müsste Lastwagen besorgen und später auch Lagerhallen, da es Hilfsgüter immer mehr gäbe. So wurden Kontakte mit Volontären von Bamberg:UA hergestellt. Sie hätten gehört, dass die ehemalige Vorsitzende der Organisation, Marjana Lohwinenko, zusammen mit dem Vater Bohdan und Tanja Ehrlein Hilfsgüter an die Front brachten. Tanja Ehrlein war damals für medizinisches Material im Verein zuständig. Anschließend hätten sie sich zusammengetan und begannen zusammen zu arbeiten, sagte Dennis.
Dennis Dechnik selbst ist Arzthelfer und arbeitet im medizinischen Bereich.
WERTVOLLSTE FRACHT – BUS DAS BLUT ABZUNEHMEN UND ZU TRANSPORTIEREN
Man muss detaillieren, was sie genau in die Ukraine schicken.
Außer Rettungsmitteln und medizinischer Ausrüstung für Stabilisierungspunkte (Röntgengeräte, Ultraschalluntersuchung, Geräte für künstliche Beatmung, für Anästhesie) werden Krankenwagen und Busse für Evakuierungen beschaffen und in die Ukraine geschickt.
Krankenwagen werden Dennis zufolge so verteilt: 30 Prozent für zivile Krankenhäuser, 70 Prozent für Militärmediziner für Evakuierung von Soldaten.
Er teilte ferner mit, dass sie Partner in Lwiw haben. Das ist die Zivilverteidigung „Volksverteidigung der Region Lwiw“. Sie nehmen Güter anhand der Begleitpapiere an und bringen sie dann in Brigaden der Streitkräfte der Ukraine und in für zivile Krankenhäuser.
Eines der wertvollsten Geschenke, die deutsche Volontäre für Ukrainer*innen gemacht haben, ist der Bus das Blut abzunehmen und zu transportieren.
Es gebe in der Ukraine nur fünf solche Busse, sagte Dennis. Den fünften hätten gerade sie vor kurzem an die Ukraine geliefert. Das ist ein großer Bus. Man könne das Blut bei fünf Patienten abnehmen. Im Bus gebe es alles Notwendiges: Blutbeutel für Blutentnahme und Transport, spezialles Amortisierungssystem (für Sicherheit von Blutspendern), Kühlschränke für Aufbewahrung des Bluts. Diese Busse seien ein sehr großes Defizit, sie seien nicht frei zu beschaffen, also sie zu kaufen können sich nur große Verbände wie das Rote Kreuz leisten.
Dieser neue Bus koste rund 300.000 Euro, gebraucht – 100.000. Wir hätten es dank unseren Partnern geschafft, einen Bus für 22.000 Euro zu kaufen.
IN DEUTSCHLAND GIBT ES EINEN ERHEBLICHEN MANGEL AN TOURNIQUETS AUF DEM MARKT
Dennis macht deutlich, dass sie normale Medikamente (die für die Ukraine auch nötig sind) nicht beschaffen dürfen. Dafür sei eine spezielle Lizenz erforderlich. Und Rettungsmaterial könne man kaufen und in die Ukraine schicken.
Sie kaufen ständig taktische Medizinprodukte ein: Tourniquets, israelische Bandagen, Celox, Nadeln für Pneumothorax, Okklusivverbände, Okklusivpflaster. Es sei schwierig, sie auf dem Markt frei zu finden. Nun helfen ihnen Beziehungen mit großen Distributoren. Diese Medizinprodukte werden vorwiegend eben bei solchen Partnern gekauft, sagte der deutsche Volontär.
Knappheit an taktischen Medizinprodukten sei auf Märkten in Deutschland erheblich, fügte Dennis hinzu.
Nehmen wir nur die neuesten SOF-Tourniquets an, die besser als CAT sind. Zum Beispiel bei der Applikation am Oberschenkel.
Dennis zufolge war dieselbe Situation zu Beginn des umfassenden Krieges in der Ukraine bezüglich der Schutzhelme und Schutzwesten zu verzeichnen. Sie waren total ausverkauft.
ROCKER SAMMELN SPENDEN FÜR KRANKENWAGEN
Mich interessiert, ob deutsche Volontäre wie auch ukrainische Kollegen neben dem Mangel an taktischen Medizinprodukten auch einen Rückgang der Aktivitäten bei den Spendern und eigentlich proportional den Rückgang der Spenden fühlen.
Ja, alle seien müde, sagt Dennis. Es gebe aber immer noch viele normale Menschen in Deutschland, die helfen wollen. Sie müssten jedoch motiviert werden. Also, sie engagieren Medien, Rotary Clubs in Städten und Rocker. Sie arbeiten erfolgreich mit Rock-Band Sportfreunde Stiller zusammen. Sie hätten zum Beispiel auf Kosten des letzten Rockkonzerts einen Krankenwagen gekauft und wollten ihn sogar selbst nach Lwiw bringen - das heißt, die Jungs wollen so wie möglich involviert sein. Nun sei ein Konzert für den 20. Dezember geplant worden. Alle Tickets seien bereits ausverkauft. Außerdem wollen die Jungs eine Versteigerung veranstalten – eigene Sachen verkaufen und aus dem Erlös einen weiteren Krankenwagen kaufen. Rocker wollen selbst für den Krankenwagen spenden. Dennis teilte ferner mit, dass sie mehrere Geschichten über zerschossene Krankenwagen kennen, die sie für die ukrainischen Einheiten geliefert hätten. Und der Krankenwagen, den die Jungs aus Sportfreunde Stiller gekauft hätten, habe Glück. Er sei immer noch im Bereich Bachmut im Einsatz, rette die Leben. Täglich rette dieser Krankenwagen im Einsatzgebiet Bachmut das Leben von fünf Soldaten, betont Dennis.
Der Volontär halte auch die Unterstützung der Medien für durchaus wichtig.
Es sei eine effektive Zusammenarbeit, sie helfe viel. Sie machen einen Beitrag in sozialen Netzwerken, zum Beispiel: "Hallo alle, wir sammeln 15.000 Euro für einen medizinischen Evakuierungsbus für die Streitkräfte der Ukraine. Wir bitten euch zu spenden, um diese Summe zu sammeln“. So gebe es ein wenig Bewegung, sagt der Volontär.
VIELE ANFRAGEN NACH DROHNEN, ABER DEUTSCHE WOLLEN DAFÜR NICHT SPENDEN
Ich frage Dennis Dechnik, worum die ukrainischen Partner, denen humanitäre Hilfe zur Verfügung gestellt wird, am meisten bitten.
Vor allen Dingen seien es taktische Medizinprodukte. Das seien Verbrauchsgüter, die täglich genutzt werden. Sie müssen ausreichend sein. Danach folgen Krankenwagen und am Platz 3 seien Busse für Evakuierungen.
Es gebe sehr viele Anfragen nach Drohnen, aber sie seien jedoch schwer durchzuführen.
Momentan gebe es keine Spender in Deutschland, die Geld für Drohnen geben würden. Es gebe viele Anfragen aus der Ukraine auch nach Wärmebildgeräten und Optik, aber wir können keine Spende dafür sammeln. Gewöhnliche Deutsche spenden gerne für Rettungsmittel, für Krankenwagen, für über solche humanitären Dinge. Für militärisch – nein. Dennis sagt: Er erklärte den Leuten, dass Drohnen nicht nur für den Kampf oder Aufklärung, sondern auch für die Evakuierung eingesetzt werden. Da zuerst eine Drohne zum Einsatz komme, um die Straße zu besichtigen, und dann fahre ein Krankenhaus. Werde den Weg nicht überprüft, werde der Krankenwagen zerschossen. So wurden mehrere Krankenwagen zerschossen, die sie an die ukrainischen Truppen schickten, betont Dennis.
MOTIVIERENDE GESCHICHTEN AUS DER FRONT ÜBER GERETTETE LEBEN
Anschließend frage ich den Volontär, was ihn motiviere, trotz der Müdigkeit und des Rückgangs des Interesses am russisch-ukrainischen Krieg in Deutschland nicht aufzuhören, weiter zu arbeiten und zu helfen.
Inspirierend seien die Geschichten der Mediziner, die Dutzende Leben retten könnten, sagte Dennis. (Ihm zufolge hätten sie nach der Befreiung von Cherson im vorigen Jahr vier Rücksäcke übergeben). Das Leben von mehr als 20 Soldaten wurde gerettet. Leider sei einer von vier Medizinern bei Evakuierung von Verteidigern ums Leben gekommen. Und jetzt wisse er, setzte Dennis fort, dass sehr viele solche Rücksäcke auf das linke Dnipro-Ufer in der Region Cherson gebracht werden, wo sich die ukrainischen Krieger festsetzen. Die Rücksäcke seien täglich erforderlich. Die Partner schicken sie täglich aus Lwiw. Dennis wisse, wie er sagt, dass die Sachen, die sie in Lagerhallen beschaffen, wofür sie ständig Geld sammeln, zum Einsatz kommen und jemandem das Leben retten. Das heißt, sie tun alles richtig.
Natürlich, sagt Dennis, komme es vor, dass man erschöpft sei, dass man keine Kraft mehr habe.
In solchen Momenten bringe er sich selbst zur Besinnung, dass man nicht aufgeben kann. Denn was passiert, wenn die Jungs in den Gräben entscheiden, sich zu ergeben?
Das motiviere auch, vorzurücken, sagt Dennis.
Er wolle wirklich, betont Dennis, dass dieser verdammte Krieg ende. Das sei das Erste, was sie wollen. Und dann glauben sie, das Land werde sich ändern. Es werde nicht einfach sein und nicht einmal 20 Jahre dauern. Aber er glaube, dass die Ukraine eines Tages blühe und ein Beispiel für andere auf der ganzen Welt sein werde.
Tetjana Kohutytsch, Ushgorod
Fotos aus dem Archiv von Dennis Dechnik