Markus Reisner, Oberst des österreichischen Bundesheeres
Hunderte Bücher werden über den Abwehrerfolg der Ukraine geschrieben werden, ihr Sieg im Krieg hängt von den Verbündeten ab
30.07.2024 17:51

Oberst des Generalstabsdienstes Markus Reisner ist in seinem Land wohl der bekannteste Militärexperte für den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. Seit mehr als zweieinhalb Jahren berichtet er in zahlreichen Auftritten für österreichische und deutsche Medien sowie auf dem YouTube-Kanal des Bundesheeres über den andauernden Krieg und analysiert seine wichtigsten Aspekte. Für diese Informationsarbeit erhielt Reisner im November 2022 sogar den Special Award „Militär des Jahres“.

Er verfügt sowohl über praktische Erfahrung im Dienst der österreichischen Eliteeinheit „Jagdkommando“ und Teilnahme an Auslandseinsätzen in Bosnien, Afghanistan, Tschad, Zentralafrikanische Republik, Kosovo und Mali, als auch fundiertes theoretisches Wissen in der Militärwissenschaft. Reisner ist Autor mehrerer wissenschaftlicher Arbeiten, das Thema seiner Dissertation war „Robotic Wars“. Seit März 2024 ist er Leiter des Instituts für Offiziersausbildung an der Theresianischen Militärakademie.

Der Korrespondent von Ukrinform in Wien sprach mit dem österreichischen Militärexperten über seine Sicht der aktuellen Phase und zukünftige Szenarien des Krieges sowie über den Kampf gegen Gleitbomben, Angriffe auf russische Raffinerien und Flugplätze, die Nutzung ukrainischer Erfahrungen durch die österreichischen Streitkräfte und mehr.

Herr Oberst, haben Sie persönlich das groß angelegte militärische Vorgehen Russlands gegen die Ukraine erwartet? Und wann wurde Ihnen klar, dass der russische Blitzkrieg gescheitert war?

Dazu muss ich sagen, dass ich mich schon sehr früh mit dem Konflikt in der Ukraine befasst habe, so seit 2014. Ich hatte das Privileg, auch circa 60 ukrainische Soldaten im Kosovo unter meinem Kommando zu haben und mit denen habe ich viel Zeit verbracht. Zwei davon sind schon gefallen. Und das, was ich gesehen habe, im Jahr 2014, bei dem damaligen Überfall Russlands auf die Ukraine und auch, was mir die Gespräche gezeigt haben, hat mir Gewissheit verschafft, dass Russland wiederkommen wird.

Wie dann der Aufmarsch passiert ist, war aus meiner Sicht klar, dass dieser Aufmarsch nicht zu einer reinen Übung stattfindet, sondern dass es zu einem Angriff kommt. Was verblüffend war, und das ist auch das, was die Experten unisono sagen, ist, dass man mit diesen geringen Truppenstärken einmarschiert ist. Und heute wissen wir, dass hier eine völlige Fehlbeurteilung der Russen stattgefunden hat.

Wann war jetzt klar, dass der russische Blitzkrieg gescheitert war? In dem Moment im März, wo die Russen begonnen haben, aus dem Raum Kyjiw abzuziehen in den Donbass. Das Ergebnis des falschen Kräfteansatzes. Sie haben versucht, ihre Kräfte im Donbass zusammenzuziehen und hier noch einmal eine Entscheidung herbeizuführen, die ihnen aber auch nicht gelungen ist.

Wie würden Sie die aktuelle Phase des Krieges charakterisieren und welche entscheidenden Faktoren bestimmen derzeit den Kriegsverlauf?

Ich habe für mich eine Unterteilung des Konflikts in mehrere Phasen durchgeführt. Ich gehe ganz kurz die Phasen durch und gehe dann speziell auf die letzte derzeit laufende Phase ein.

Die Phase 1 war der ukrainische Abwehrerfolg. Das hat gedauert vom Februar bis März 2022. Die Phase 2 war der beginnende Abnützungskrieg vom April bis im August 2022. Die Phase 3 waren die ukrainischen Offensiven bei Charkiw und Cherson, September bis Oktober 2022. Die Phase 4 war die russische Konsolidierung über den Winter, November 2022 bis April 2023. Der Versuch hier auch mit den strategischen Luftangriffen aktiv zu werden. Dann die Phase 5, die gescheiterte ukrainische Sommeroffensive vom Mai bis im Oktober 2023. Und dann wieder der Übergang in die Phase 6, wo Russland versucht hat das Momentum zurückzugewinnen, vom November 2023 bis Februar 2024. Die zweite russische Winteroffensive.

Und diese sechste Phase ist nun übergegangen in die Phase 7, die derzeit laufende russische Sommeroffensive – der Versuch der Überdehnung. Diese Phase hat im März begonnen und sie dauert nach wie vor an. Der Punkt, wo diese Phase zu der Auslösung gekommen war, war faktisch der russische Angriff auf den Raum nördlich von Charkiw.

Hier ist im Hintergrund die operative Absicht einer Überdehnung der ukrainischen Streitkräfte zu erkennen. Man hat also versucht, die ukrainischen Streitkräfte dahingehend wegzulocken, dass sie nicht in Donbass verfügbar sind und dort keine Reserven mehr im Einsatz sind. Und das hat auch dazu geführt, dass aus meiner Sicht es den Russen schlussendlich gelungen ist, nicht nur bei Otscheretyne, sondern auch an einigen anderen Orten, in die nächsten ukrainischen Verteidigungsstellungen einzubrechen.

Hinzu kommt, dass diese Phase auch gezeichnet ist von einem zunehmenden Einsatz von mehr russischen Soldaten. Man nimmt an, dass ca. 650.000 russische Soldaten mittlerweile im Einsatz sind. Davon ca. 520.000 an der Front. Diese versuchen, vor allem im Donbass vorzustoßen.

Bestimmend für diese Phase 7 ist der Faktor Ressourcen. Wir haben also hier einen Abnützungskrieg und hier muss man verstehen, dass auch wenn auf den ersten Blick sich an der Front nicht viel tut, im Wesentlichen dieser Kriegsverlauf vorankommt und durch den Einsatz von Ressourcen bestimmt ist.

Welche taktischen Ziele verfolgen die russischen Streitkräfte Ihrer Meinung nach derzeit?

Hier muss man unterscheiden zwischen der taktischen, der operativen und der strategischen Ebene.

Auf der taktischen Ebene sehen wir, dass die Russen versuchen, entlang der gesamten Front, wo immer möglich, die Ukrainer zu binden. Das heißt, die Kräfte, die im Einsatz sind, in unmittelbarem Kontakt zu halten, damit sie nicht beweglich und verfügbar sind.

Auf der operativen Ebene ist es das Ziel der Russen, die Ukrainer im Einsatz ihrer Streitkräfte zu überdehnen. Das hat man sehr gut erkennen können mit der Phase 7, also dem Einsatz der Kräfte nördlich von Charkiw. Hier war es nicht die Absicht, Richtung Charkiw vorzustoßen, sondern man hat versucht, die Ukraine zu zwingen, kostbare Reserven und Kräfte dort in diesen Raum zu verschieben.

Und als strategisches Element ist es das Ziel, die Ukraine mit Luftangriffe auf die kritische Infrastruktur abzunützen. Das heißt, man muss verstehen, dass es tatsächlich ein Abnützungskampfist, der hier passiert.

Und wie schätzen Sie die Taktik der ukrainischen Verteidiger ein, diesen russischen Vorstoß im Raum Charkiw zu stoppen und zu verlangsamen?

Die Ukraine versucht einerseits hinter den russischen Linien die Versorgungslinien anzugreifen. Das sind auch jene Linien, die auf russischem Territorium liegen. Und hier ist es die Taktik der Ukraine, durch Unterstützung des Westens mit den entsprechenden westlichen Waffensystemen, diese Versorgungslinien zu unterbrechen, aber auch jene Absprungplätze anzugreifen, von denen aus die Russen versuchen, mit ihren Kampfflugzeugen entsprechende Gleitbombeinsätze zu fliegen.

Die Absicht der ukrainischen Verteidiger ist es hier, im Prinzip diesen Vorstoß der Russen in die Grundlage zu nehmen, damit dieser Vorstoß zum Versiegen kommt.

Die russischen sogenannten Gleitbomben stellen eine erhebliche Bedrohung für die ukrainischen Streitkräfte und die zivile Infrastruktur dar. Welche Strategien oder Technologien könnten Ihrer Meinung nach entwickelt oder verbessert werden, um die Wirkung und den Einsatz von gelenkten Bomben durch Russland zu minimieren? Wie könnte die Ukraine effektiver gegen diese Art von Bedrohung vorgehen?

Das wesentliche Mittel gegen diese Gleitbomben-Einsätze ist massierte, aktive und passive Fliegerabwehr. Was meine ich mit massiert? Massiert bedeutet nicht einzelne Batterien dort und da, sondern ein massierter Einsatz von Batterien. Und zwar unterschiedlicher Reichweite. Also der mittleren, aber auch der hohen Reichweite. Das gemeinsam mit Radar, das heißt der Früherkennung, fällt unter passive Fliegerabwehr.

Wenn wir uns jetzt die Zusagen anschauen, die beim NATO-Gipfel getroffen worden sind, so können wir davon ausgehen, dass in Kürze ca. 7 Patriot-Batterien im Einsatz sind in der Ukraine. Also Systeme hoher Reichweite. Dazu kommen im Wesentlichen ca. 30 Systeme mittlerer Reichweite.

Tatsächlich braucht die Ukraine aus meiner Sicht das Vierfache. Das heißt, sie braucht also mindestens um die 25 Patriot-Systeme und ca. 100 Systeme der mittleren Reichweite. Alleine für den Bereich der sogenannten passiven Fliegerabwehr und das Ganze noch hinterlegt mit entsprechenden Frühkennungs- also Radarsystemen.

Die aktive Komponente der Fliegerabwehr, das ist aus meiner Sicht der Einsatz der ukrainischen Luftstreitkräfte, wo man natürlich jetzt auf die mögliche Lieferung der F-16 hohe Erwartungen setzt, das wäre quasi die Möglichkeit tatsächlich auch mit entsprechenden Luft-zu-Luft-Bewaffnung die Distanz, auf der momentan die russischen Kampfflugzeuge Gleitbomben einsetzen, noch einmal zu Ungunsten der Russen zu verändern. Das heißt, die Russen sind also gezwungen, noch weiter in ihren Luftraum zurückzuweichen, aufgrund des Einsatzes der ukrainischen aktiven Fliegerabwehr. Und das ist in diesem Fall der Einsatz von Kampfflugzeugen.

Wenn man es nicht schafft diesen massierten Einsatz von aktiver und passiver Fliegerabwehr für die Ukraine aufzustellen, dann wird es sehr, sehr schwierig, denn Russland hat die Möglichkeit, mit seinen Ressourcen, auch unterstützt von seinen Verbündeten, sukzessive diese Art der Kriegsführung zu steigern. Sie sehen das alleine am Einsatz der Gleitbomben.

Präsident Selenskyj hat vor Kurzem auch hingewiesen, dass circa in der Woche 800 Gleitbomben abgeworfen werden. Das sind also pro Tag fast über 100. Man sieht das auch in den russischen sozialen Netzwerken. Fast jeden Tag kommen Dutzende von neuen Videos herein, die diesen Gleitbombeinsatz zeigen. Und das Dilemma ist, diese Bomben werden immer größer in ihrer Ausprägung. Man hat jetzt mittlerweile FAB UMPK von 3.000 Kilogramm. Das heißt, ein durchschnittlicher ukrainischer Kompaniestützpunkt oder Zugstützpunkt wird hier faktisch einfach vernichtet. Und das ist natürlich ein großes Problem.

Der ukrainische Präsident hat betont, dass zur effektiven Bekämpfung der Bedrohung durch russische gelenkte Bomben und Raketen die Zerstörung der russischen Bomber direkt an ihren Flugplätzen erforderlich ist. Dazu braucht man Langstreckenwaffen aber auch Lockerungen der Einsatzbeschränkungen für westliche Waffen. Könnte dies eine Lösung sein?

Abgesehen von dieser aktiven und passiven Fliegerabwehr, die die Ukraine hier anwenden kann, ist ein weiteres Mittel, praktisch bereits zu verhindern, dass es überhaupt zum Start dieser Kampfflugzeuge kommt. Und damit sind wir bei entsprechenden Waffensystemen von hoher Reichweite, die wirken auf die Absprungplätze in Russland selber.

Und hier ist es so, dass offensichtlich Einschränkungen gibt hinsichtlich des Einsatzes dieser Waffen. Die Ukraine versucht hier entgegenzuhalten, indem sie Drohnenangriffe auf Ölraffinerien oder auch auf Absprungplätze der russischen Luftwaffe einsetzt. Aber hier ist wichtig zu verstehen, dass erst wenn es diese Einschränkungen nicht mehr gibt, es tatsächlich auch zu Effekten kommen kann, die einen Unterschied machen.

Und hier ist wichtig, dass man sich vor Augen führt, dass in einem Abnutzungskrieg nicht der vereinzelte chirurgische Einsatz, quasi also mit hoher Präzision geführter Einsatz, den Unterschied macht. Nein, es braucht den massierten Einsatz, viele, viele Angriffe und in einer hohen Intensität über einen gewissen Zeitraum, um den Gegner wirklich in die Knie zu zwingen.

Das große Dilemma, das die Ukraine bis jetzt hat, ist, sie bekommt zwar durchaus qualitativ hochwertige, präzise Waffensysteme vom Westen geliefert, sie kann sie aber nicht in dem Umfang und in der Massierung einsetzen, dass es wirklich einen Unterschied auf der russischen Seite macht.

Und aus meiner Sicht ist es hier der Fall, dass die USA Interesse daran haben, Russland nicht tatsächlich zu zerstören oder in die Knie zu zwingen, sondern es in die Schranken zu weisen.

Man hört es auch immer wieder in den USA, es ist nicht "to destroy Russia", sondern "to contain Russia". Und man sieht es an vielen Beispielen. Es ist die Anzahl der Waffensysteme, die geliefert werden. Denken Sie an die HIMARS-Systeme, die sehr erfolgreich waren. Damals wollte die Ukraine 300 haben, bis jetzt hat sie knapp 48 bekommen. Denken Sie an die verzögerten Lieferungen der F-16, denken Sie an die Beschränkungen des Einsatzes von ATACMS. Denken Sie auch daran, dass die USA Wissen hat lassen,

dass man die Angriffe auf die Raffinerien nicht unbedingt positiv sieht, weil das zu einer Verknappung der Ressourcen auf den Weltmärkten kommen kann und so weiter und so fort.

Das heißt, tragischerweise muss man sagen, dass dieses "Boiling the Frog", so nenne ich das, hier faktisch immer durchschwingt.

Und wie schätzen Sie die Effektivität von Drohnenangriffen auf Ölraffinerien in Russland ein?

Hier sieht man ganz klar den strategischen Versuch der Ukraine, die wesentliche Ressourcengrundlage der Russen zu zerstören oder zumindest zu beschädigen.

Denn durch den Verkauf von raffinerierten Produkten kann natürlich Russland immer wieder Geld in seine Kassen hereinfließen lassen. Und die Ukraine versucht auf der strategischen Ebene dieser Kriegswirtschaft diese Grundlage zu entziehen.

Man kann davon ausgehen, dass die bis jetzt durchgeführten Angriffe ca. 5-10% der Förderung Russlands einbrechen haben lassen. Aber wie gesagt, 5-10% ist nicht kritisch. Das heißt, das bräuchte mehr, um noch intensivere massierte Angriffe, um also hier wirklich tatsächlich das Ziel zu erreichen, Russland wirtschaftlich zu schaden und ihm die Grundlagen zu nehmen, diese Ressourcen weiter aufzubringen für die Kriegsführung an der Front in der Ukraine.

Die Lieferung von F-16-Kampfflugzeugen an die Ukraine hat begonnen. Wie könnte der Einsatz dieser Kampfjets den Verlauf des Krieges verändern?

Auch hier muss man klar sagen, ein einzelnes Waffensystem alleine ist nicht der Gamechanger. Es ist also auch so, dass die F-16 hier keine Wunderwaffe ist, man muss auch immer die F-16 in Kombination sehen mit gelieferten Luft-Luft-Waffensystemen, aber auch Luft-Boden-Waffensystemen und es muss mit einer entsprechenden Logistik hinterlegt werden. Also man braucht also mehrere Absprungplätze in der Ukraine, damit diese F-16-Kampfflugzeuge durchrotieren können und nicht sofort von den Russen entdeckt werden können.

Es ist aber deswegen wichtig, diese Lieferung, denn es ist ein Teilbeitrag vor allem zum strategischen Schutz der kritischen Infrastruktur der Ukraine. Denken Sie wieder an das, was ich vorher gesagt habe, die aktive und passive Fliegerabwehr, wo die F-16 ein Teil der aktiven Fliegerwehr ist.

Das heißt, man kann also im Prinzip hier zwei Dinge erreichen. Das eine ist den Schutz der kritischen Infrastruktur, also eine Verringerung der strategischen Luftangriffe Russlands in die Tiefe der Ukraine. Aber das andere ist auch ein mögliches Zurückdrängen der russischen Kampfflugzeuge in die Tiefe Russlands und somit ein Reduzieren des Gleitbombeneinsatzes von russischer Seite.

Das sind die zwei großen Hoffnungen, die man auf den Einsatz der F-16 setzt.

Welche spezifischen Arten von Militärhilfe waren Ihrer Meinung nach am effektivsten und wie könnte die westliche Unterstützung weiter optimiert werden, um die Bedürfnisse der ukrainischen Streitkräfte besser zu erfüllen?

Es ist so, dass natürlich sehr wohl auch hier einzelne Waffensysteme herausstechen, weil sie zur richtigen Zeit die richtige Wirkung hatten.

Ich denke, ich kann Ihnen hier als Beispiel nehmen die Lieferung der HIMARS-Systeme, auch der Einsatz der Streumunition, schlussendlich dann ATACMS oder die unbemannten Seedrohnen.

Auch hier ist wichtig zu verstehen, dass in einem Abnützungskrieg, wenn es nicht zu einer schnellen Entscheidung kommt, der Gegner immer in der Lage ist, sich auf die entsprechenden Gegebenheiten einzustellen. Das heißt, man hat gesehen, dass Russland in der Lage war, sich an den HIMARS-Einsatz anzupassen. Zum Beispiel, durch eine Dezentralisierung seiner Logistik, aber auch durch den Einsatz elektronischer Kampfführung und der Störung der GMLRS-Raketen, die vom HIMARS verschossen werden. Das Gleiche, was den Einsatz von Streumunition und ATACMS betrifft. Auch hier, ATACMS wurden eingesetzt, auch sehr erfolgreich gegen Absprungplätze der russischen Luftwaffe oder auch gegen Fliegerwehrsysteme. Aber auch hier sieht man, dass Russland sehr rasch in der Lage war, sich anzupassen.

Das heißt, auch hier ist es so, dass es muss ein massierter Einsatz passieren. Also das ist in kurzer Zeit, über 14 Tage, fast jeden Tag schwere Schläge, um wirklich den Gegner massiv so zu treffen, dass er in die Knie gezwungen wird.

Und hier hat die Ukraine eben zwei Herausforderungen. Einerseits einfach die Verfügbarkeit, die Quantität dieser Waffensysteme. Und das Zweite sind die Einschränkungen, die von den Verbündeten auferlegt werden. Hier im konkreten Fall auch vor allem die USA, die also den Unterschied machen im Wesentlichen.

Glauben Sie, dass der Einsatz von Drohnen im Russisch-Ukrainischen Krieg und die großflächige Anwendung solcher Technologien die zukünftige Kriegsführung und die Operative Kunst maßgeblich verändern werden? Welche zukünftigen Entwicklungen in der Drohnentechnologie könnten die Kriegsführung weiter verändern?

Ich verweise hier auf den Aufsatz von General Saluschnyj, den er vor seiner Ablöse geschrieben hat. Er hat damals aus meiner Sicht völlig zutreffend etwas beschrieben, das wir in der Theorie immer als das sogenannte "gläserne Gefechtsfeld" bezeichnet haben, das in der Zukunft tatsächlich vorhanden sein wird.

Was meine ich damit? Durch den Einsatz von zehntausenden Drohnen gleichzeitig auf dem Schlachtfeld ist es so, dass jeder den anderen beobachten kann. Und das führt zu der paradoxen Situation, dass im Vergleich im Ersten Weltkrieg Stacheldraht und Maschinengewehr zu einer Pattsituation geführt haben, die der Panzer durchbrechen musste. So ist es jetzt, dass der Einsatz von diesen vielen Drohnen dazu führen, dass jeder weiß, was der andere tut und man nicht mehr ins Manöver oder auch in die Bereitstellung davor gehen kann. Und das muss durchbrochen werden.

Und hier ist es so, wie General Saluschnyj gesagt hat, man bräuchte etwas in der Erfindung, wie damals die Chinesen das Schwarzpulver erfunden haben, dass man faktisch das vor allem elektromagnetische Feld beherrschen muss. Das heißt, dort, wo der Funkverkehr zu den Drohnen passiert, um also hier wieder einen Durchbruch zu erzielen.

Man kennt aber auch ganz klar, dass Drohnen mittlerweile bestimmend sind für die Kriegsführung. Das heißt, wir sehen also auch unterschiedlichste Systeme in den verschiedenen Domänen, also am Wasser, zu Lande, aber auch in der Luft oder auch in anderen Domänen wie zum Beispiel Space.

Und das ist natürlich entscheidend, wenn man also daran denkt, dass wir in der Kriegsgeschichte immer wieder Ereignisse erlebt haben, die man mit Revolutionen verglichen hat. Es gibt also hier momentan die Diskussion, erleben wir eine Evolution in der Kriegsführung oder eine Revolution? Ich bin der Überzeugung, wir erleben tatsächlich eine Revolution, weil also diese Systeme mittlerweile maßgeblich die Art und Weise der Kriegsführung beeinflussen.

Man sieht, dass die ukrainischen Streitkräfte hier tatsächlich in kurzer Zeit enorm dazugelernt haben, während westliche Streitkräfte staunend diese Ereignisse betrachten und überhaupt noch keine Ableitungen getroffen haben, die sich auch manifestieren in strukturellen Veränderungen oder in Beschaffungen in den eigenen Streitkräften.

Und was denken Sie über die Anpassungsfähigkeit der ukrainischen Streitkräfte. Die haben auch eine beeindruckende Vielfalt an verschiedenen Waffen und militärischer Ausrüstung erhalten, was es herausfordernd macht, all diese Systeme in kurzer Zeit zu beherrschen.

Ich denke, es muss uns eines völlig klar sein. Wenn wir uns ansehen, den Kampf der ukrainischen Streitkräfte über die letzten sieben Phasen, so wie ich sie dargestellt habe, so hat es bereits jetzt Kriegsgeschichte geschrieben, was sie erreicht haben. Das muss man ganz klar sagen.

Erstens, natürlich aufgrund einer entsprechenden Vorbereitung auf den möglichen Konflikt, wo die Ukraine immer gesagt hat, die Russen werden wiederkommen, obwohl der Westen gesagt hat, nein, nein, ihr täuscht euch im Wesentlichen. Aber es war eine tiefe Überzeugung, dass Russland sich nicht zufriedengeben wird. Und nach der Besitznahme der Krim und nach dem Einmarsch in der Ostukraine sich mehr holen wird. Und das war dann auch tatsächlich der Fall.

Das heißt, wir können also hier mitnehmen, dass die Ukraine in der Lage war, ihre Streitkräfte, und Sie wissen, wie der Zustand der ukrainischen Streitkräfte vor 2014 war, in sehr kurzer Zeit zu transformieren und sie in die Lage zu versetzen, gegen diesen übermächtigen Gegner zu kämpfen.

Und da muss man auch sagen, dass das, was gekommen ist, zum Teil auch ein Flickwerk war. Es gab diese große politische Diskussion, wann soll man welches Gerät liefern, in welchem Umfang und so weiter und so fort. Und diese Verzögerungen hat natürlich immer wieder dazu geführt, dass die Ukraine, wenn sie es gebraucht hat, nicht das bekommen hat, was vielleicht entscheidend gewesen wäre praktisch.

Denken Sie zum Beispiel an diese Sommeroffensive letztes Jahr, in der sehr viele Hoffnungen gesetzt worden ist. Die Ukraine hat Monate verloren aufgrund des politischen Entscheidungsprozesses, um Systeme zu liefern. Dann kamen noch hinzu Faktoren, wie zum Beispiel, wenn Sie sich erinnern können, diese Discord-Leaks, wo dieser amerikanische Soldat Dinge in die Öffentlichkeit gebracht hat, damit Russland eigentlich praktisch ein vollumfängliches Lagebild gehabt. Und das Ganze hat dazu geführt, dass wie dann der Angriff begonnen worden ist, praktisch eher in das offene Messer der Russen gelaufen ist im Wesentlichen.

Hinzu kommt auch natürlich, dass die Erfolge der Ukraine am Beginn durch das gut ausgebildete Kader erreicht worden sind. Aber viele dieser Kaderangehörigen sind bereits verwundet oder gefallen. Und jetzt muss man natürlich hier verstehen, dass man die Soldaten, die man jetzt an die Front führt, zum Teil nur in sehr kurzer Zeit ausbilden kann. Und das ist natürlich so bei einem komplexen Waffensystem. Also nehmen Sie jetzt zum Beispiel einen T-64 Bulat, einen ukrainischen, im Vergleich zu einem Leopard 2 A6. Das ist wie ein, bitte das jetzt nicht despektierlich zu verstehen, wie der Lada Taiga im Vergleich zum Tesla.

Gibt es bestimmte militärische Operationen oder strategischen Maßnahmen der ukrainischen Streitkräfte, die Sie hervorheben möchten?

Ja, die gibt es. Ich möchte drei im Speziellen hervorheben, was den Einsatz der ukrainischen Streitkräften betrifft. Das ist einerseits der Abwehrerfolg bei Kyjiw. Sie wissen, das war damals für die Ukraine enorm wichtig. Es ist bis heute das geflügelte Wort, wir haben die Russen aus Kyjiw vertrieben und das heißt, wir werden auch den Rest der Ukraine befreien.

Das zweite war die militärische Operation bei Charkiw, wo es durch den Grundsatz der Überraschung und Täuschung und aufgrund des Umstandes, dass die russischen Streitkräfte zu diesem Zeitpunkt überdehnt waren, gelungen ist, rasch durchzubrechen.

Und das dritte militärische Element, das ich hier anführen möchte, ist das Freikämpfen des westlichen schwarzen Meeres durch die Ukraine, dass es einmal auch als absoluten Erfolg bewerten kann, weil es dadurch gelungen ist, der Ukraine ihre Getreidekorridore zumindest eingeschränkt wieder mit Leben zu befüllen.

Als viertes Element, nicht unmittelbar den Einsatz von militärischen Kräften betrachtend, würde ich die Operationen im Informationsraum hervorheben. Aber hier mit einer negativen Fußnote, das Problem ist, und das sage ich immer wieder, wir brauchen eine objektive Lageeinschätzung der Situation. Natürlich ist das Ziel der Ukraine, die eigenen Maßnahmen so darzustellen, dass vor allem der Westen das Gefühl hat, es macht also Sinn, weiter die Ukraine zu unterstützen. Aber ich denke, es ist wichtig, auch zu vermitteln den Moment, wo es wirklich notwendig ist, klar zu sagen, okay, wir müssen jetzt tatsächlich auf eure Unterstützung hoffen, wir brauchen das jetzt, denn sonst wird es tatsächlich knapp für uns.

Und damit ist es so, dass auf der einen Seite Informationsmaßnahmen im Informationsraum zur Steigerung der Moral und auch zur Generierung von strategischer Unterstützung wichtig sind, aber man darf den Moment nicht übersehen, wo der Westen das Gefühl hat, die Ukraine schafft das schon.

Und wie bewerten Sie die aktuelle Situation in der Schwarzmeerregion und den Einsatz von Seedrohnen durch die Ukraine, um Schiffe der russischen Schwarzmeerflotte anzugreifen?

Hier habe ich schon erwähnt vorher ein klares Beispiel für einen Sieg der Ukraine. Die russische Schwarzmeerflotte hat bis jetzt keine Antwort auf diese Bedrohung. Sie hat sich faktisch aus dem Westen des Schwarzen Meeres zurückgezogen.

Die Ukraine war in der Lage, begleitend auch durch zum Beispiel Operationen wie die Einnahme der Schlangeninsel, tatsächlich Getreidekorridore wieder zu öffnen. Russland hat dann versucht, durch weitreichende Drohnenangriffe auf die Ladehäfen, vor allem am Donaudelta, dies zu unterbinden.

Aber man sieht, dass also faktisch die Schwarzmeerflotte nicht auf dem Schwarzen Meer operieren kann. Er befindet sich zurzeit mit Masse im Asowschen Meer oder im östlichen Schwarzen Meer aufgrund des Erfolges der Ukraine durch den Einsatz dieser unbemannten Seedrohnen.

Das Dilemma ist, dass der Krieg in der Ukraine nicht zur See entschieden werden wird, sondern an Land. Und damit ist es so, dass dieser Sieg nur einen beschränkten Einfluss auf den Kriegsverlauf als solches hat.

Wie hoch schätzen Sie die Gesamtverluste der russischen Streitkräfte in diesem Krieg ein?

Es gibt hier eine interessante Untersuchung, die vor kurzem veröffentlicht worden ist, die aus meiner Sicht sehr gut recherchiert ist. Hier geht man davon aus, dass zwischen 100.000 bis 150.000 russische Soldaten möglicherweise bereits gefallen sind.

Wenn man jetzt aus den Lehren der Kriegsgeschichte betrachtet, den Umstand, dass ungefähr das 3- bis 4-fache noch zusätzlich als Verletzte hinzugerechnet werden müssen, so haben wir hier Verluste, die enorm sind. Zum Teil bis zu 500.000 bis 750.000 Mann, also rein jetzt tot und verwundet. Und das ist aus meiner Sicht durchaus realistisch, wenn man also die Intensität des Konflikts betrachtet.

Natürlich muss man sagen, dass auch auf der ukrainischen Seite sehr hohe Verluste bereits erlitten worden sind. Aber das Problem ist die Demografie und auch das humane Potenzial beider Staaten. Und hier sieht man natürlich, dass Russland aus einem humanen Potenzial von 150 Millionen Menschen schöpft, mit einer entsprechenden Rekrutierungsmöglichkeit.

Wie schätzen Sie die Fähigkeit der österreichischen Streitkräfte ein, ihre Verteidigungsaufgaben im aktuellen internationalen Umfeld zu erfüllen?

Zurzeit eingeschränkt. Warum? Wir sind wie viele andere Staaten auch ein Opfer der Friedensdividende. Wir haben unsere Streitkräfte massiv abgerüstet nach Ende des Kalten Krieges. Jetzt zurzeit versuchen wir, bei uns läuft es unter dem Synonym "Mission 2032", unsere Streitkräfte wieder nachzurüsten.

Es hat in den letzten Jahren einige sehr wichtige Beschaffungsvorhaben gegeben, die eingeleitet worden sind. Und die sind also guter Dinge, das, was wir uns gemäß der Verfassung vorgegeben haben, in den nächsten Jahren auch tatsächlich zu erfüllen, wenn die Ressourcen weiter hier zur Verfügung gestellt werden.

Welche Lehren hat das österreichische Militär aus dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine gezogen?

Es gibt hier eine ganze Reihe von Lehren auf der taktischen, operativen und strategischen Ebene. Ich würde sagen, das Wichtigste ist: Bereite dich vollumfänglich vor.

Und das hat man also gesehen, dass es wichtig ist, weil wenn man betrachtet die Ukraine, dann sieht man ja ganz eindeutig, dass 2014 die Ukraine schmerzhaft gelernt hat, dass es wichtig ist, sich auf einen zukünftigen Krieg vorzubereiten und dann acht Jahre lang auch das gemacht hat. Und das war im Wesentlichen der Kern des Erfolgs. Das heißt, das gilt natürlich auch hier, dass wir unsere Streitkräfte so einsatzbereit halten müssen, im Sinne eines umfassenden Ansatzes, um auf mögliche Konflikte vorbereitet zu sein.

Und auch hier ist interessant, aus meiner Sicht, alte Konzepte haben sich durchaus bewährt. Es war so, dass das österreichische Bundesheer bis in den 80er, 90er Jahren das sogenannte Konzept der Raumverteidigung hatte. Hier war es die Idee, bei einem möglichen Angriff sowjetische Streitkräfte, diese hereinzulassen und dann in der Tiefe dahinter die Versorgungslinien anzugreifen. Wir haben das damals "Jagdkampf" genannt.

Und wenn man sich den Abwehrerfolg der Ukraine am Beginn des Krieges ansieht, so sieht man das gerade im Raum bei Kyjiw und nördlich bis in den Ostwärts davon, dieses Jagdkampfkonzept, das sehr erfolgreich angewendet worden ist, durch den Einsatz von Territorialkräften, aber vor allem von den ukrainischen Spezialkräften.

Inwiefern wird der aktuelle Russisch-Ukrainischer Krieg in die Ausbildung der österreichischen Offiziere an der Theresianischen Militärakademie integriert? Werden konkrete Elemente der ukrainischen Militärstrategie und Taktik der ukrainischen Streitkräfte in das Lehrprogramm aufgenommen, und wenn ja, welche spezifischen Aspekte?

Ja, da bin ich ein bisschen stolz darauf. Das ist auch einer der Gründe, der mir wahrscheinlich diese Bekanntheit verschafft hat. Wir haben uns schon seit 2014 sehr intensiv mit dem Kriegsverlauf befasst. Wir haben also zum Teil auch am Simulator, wir haben eigene Simulatoranlagen, gewisse Gefechtsabläufe nachgespielt.

Sie werden vielleicht wissen, Selenopilja, das war damals eine Situation, wo zwei ukrainische mechanisierte Brigaden im offenen Gelände von russischen Streitkräften mit Steilfeuer vom russischen Territorium aus bewirkt worden sind. Wir haben uns das sehr genau angesehen, haben versucht, Ableitungen zu treffen. Damals wurden wir noch von vielen belächelt, aber tatsächlich ist es so, dass wir sehr früh auch hier das in der Ausbildung integriert haben und auch sehr schnell in der Kommunikation dann wesentliche Ableitungen treffen konnten.

Und es ist bis heute Bestandteil des Unterrichts. In meiner Funktion als Institutsleiter und verantwortlich für die zwei Studiengänge unterrichte ich auch regelmäßig und bringe also hier Aspekte, wie gesagt, spezifisch auf didaktische, operative und strategische Ebene betreffend und natürlich, was man daraus lernen kann, wenn ein überlegener Gegner ein kleines Land oder ein scheinbar unterlegenes Land angreift, welche Ableitungen man hier treffen kann.

Was sind Ihre Prognosen für den weiteren Kriegsverlauf? Welche Zukunftsszenarien für den Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine halten Sie angesichts der aktuellen Entwicklungen für am wahrscheinlichsten?

Aus meiner Sicht gibt es drei Möglichkeiten. Diese drei Möglichkeiten sind alle abhängig vom Commitment des Westens. Warum? Die Ukraine ist nunmehr sehr eingeschränkt in der Lage, aus ihrem eigenen militärischen industriellen Komplex, eine nachhaltige Versorgung seiner Streitkräfte, aber auch der Bevölkerung, also was zivile Ressourcen betrifft, zu gewährleisten.

Das heißt, man muss verstehen, es hängt also von den Ressourcen ab, die der Westen, was sich hier der Ukraine zur Verfügung stellt, militärisch, aber auch ziviler Natur.

Das erste Szenario, die Ukraine bricht durch, die Russen brechen zusammen und wir stellen den Urzustand her, so wie am Beginn der 90er Jahre. Wahrscheinlichkeit im Moment gering. Warum? Aufgrund des enormen Drucks der Russen entlang der Front.

Zweites Szenario, die Russen brechen durch, die Ukraine bricht zusammen und die Russen stehen quasi bei Lemberg. Auch hier Wahrscheinlichkeit gering, aber etwas höher als das erste Szenario. Warum? Weil auch die russische Seite nicht die Ressourcen und Kapazitäten hat, so umfänglich durchzubrechen. Sehr wohl wäre es aber möglich, die bereits jetzt durchgeführten Durchbrüche oder Einbrüche weiter auszunützen.

Damit sind wir beim dritten Szenario und das dritte Szenario wäre faktisch eine Art Einfrieren des Konflikts. Das heißt, es kommt zu einer Art Waffenstillstand. Das kann also nur dann der Fall sein, wenn also beide Seiten auch einen Nutzen darin sehen.

Aber momentan sehen wir diese Situation im Kriegsverlauf noch nicht. Eine Situation, wo der Nutzen von beiden Seiten als solches erkannt wird, оbwohl aus meiner Sicht wir sehr wohl Signale mittlerweile sehen. Denken Sie daran, dass Präsident Selenskyj in den letzten Tagen interessanterweise aufhorchen hat lassen, wo er gesagt hat, bei der nächsten Friedenskonferenz soll Russland dabei sein. Und möglicherweise ist das also auch der Beginn von einem Sondieren hinsichtlich möglicher Verhandlungen als solches.

Vielen Dank für dieses Gespräch und die kompetente Beantwortung all meiner Fragen.

Vielleicht noch zum Abschluss ein paar Worte von mir. Das Erste und das Wichtigste, was mir wichtig erscheint zu erwähnen ist, es steht mir überhaupt nicht zu, in irgendeiner Art und Weise da hier belehrend oder schlaue Ratschläge erteilend aufzutreten.

Ich glaube, es ist wichtig zu verstehen und das ist der zweite Punkt, dass die Ukraine bereits jetzt Geschichte geschrieben hat. Das wird sich nicht mehr auslöschen lassen. Das ist so. Der Abwehrerfolg, den die Ukraine tatsächlich erzielt hat, das ist historisch faktisch. Hunderte Bücher werden über das geschrieben werden.

Das bedeutet natürlich jetzt nicht, dass die Ukraine knapp vor einem Sieg steht im Wesentlichen. Vielleicht wird es einen Kompromiss geben aufgrund dieses elenden Ressourcenkrieges. Aber denken Sie daran, Deutschland war auch geteilt über lange Jahrzehnte, bis es schlussendlich wieder zusammengefunden hat. Das ist jetzt kein Vorgriff, den ich hier sagen möchte, aber ich möchte nur ganz kurz darstellen, dass die Geschichte nicht das Jetzt ist, sondern eine Aneinanderreihung von Ereignissen, die in der Vergangenheit stattgefunden und die in der Zukunft noch passieren werden. Das heißt, man muss es immer aus der historischen Perspektive heraus betrachten.

Und der letzte Punkt, der auch noch wichtig ist, ist natürlich, dass das Problem ist, dass in einem Ressourcenkrieg, in einem Abnutzungsskrieg, man diesen nur mit Verbündeten bestehen kann. Mit guten Verbündeten und dass hier die Ukraine das Dilemma hat, dass es nicht am eigenen Willen scheitert, sondern faktisch, dass der Wille der Unterstützer der entscheidende ist. Man nennt das im Militär noch als „Center of Gravity“. Und selbst wenn die Ukraine weiter tapfer kämpft, kann sie nur ihr Ziel erreichen, wenn der Westen weiter zur Ukraine steht. Wenn das nicht der Fall ist, dann wird es schwierig.

Das ist aber auch etwas, was sich historisch immer wieder darstellen lässt. Dann kann es aber sein, dass es zu einer Zwischenphase kommt, die vielleicht noch mehrere Jahrzehnte dauert, bis es zu einem weiteren Entwicklungsschritt kommt im Wesentlichen. Und auch hier ist wichtig zu verstehen, was bedeutet die Situation auf lange Sicht für Russland im Wesentlichen. Eine zunehmende Isolierung und so weiter und so fort.

Das heißt, wir leben gerade historische Ereignisse und das ist den meisten nicht bewusst. Und niemand kann sagen, welche Entscheidung die richtige und die falsche ist. Das wird der Historiker erst in der Nachschau sagen.

Vasyl Korotkyi, WIEN.

Vasyl Korotkyi, WIEN.

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