Pawlo Fedossenko, Held der Ukraine
Ich möchte nach dem Sieg mit Brigade im Parademarsch von Charkiw nach Tschuhujiw marschieren
13.06.2022 18:30

„Um 04:00 Uhr am 24. Februar waren Explosionen zu hören. Das waren Raketenangriffe, die die Russische Föderation verübt hat. Und sofort ein Anruf des Oberbefehlshabers der Streitkräfte der Ukraine. Er sagte: “Durchhalten. Kämpfen.“. Ich antwortete: „Zu Befehl!“ Ich habe sofort das Kommando gegeben, Kampfposition zu beziehen und zu verteidigen".

Dies waren die ersten Momente der groß angelegten Invasion Russland, an die der Held der Ukraine, der Kommandeur der 92. mechanisierten  Iwan-Sirko-Brigade (ein ukrainischer Ataman der Saporoger Kosaken - Red.), Pawlo Fedossenko, erinnerte. Eben unter seinem Kommando hielten die Einheiten der Brigade die Verteidigung Charkiws fest. Und momentan sind sie auf dem Marsch, indem sie den Feind an die Grenze der Region Charkiw zurückdrängen.

„Alle kämpften um Charkiw: sowohl Militärs als auch Zivilisten“

Binnen der ersten drei Tage haben wir Richtung der administrativen Grenze der Regionen Charkiw und Sumy bis zur administrativen Grenze  Charkiw und Luhansk gekämpft. Dies war unser Verantwortungsbereich. Der Gegner war uns erheblich überlegen. Dies hat uns aber nicht gestoppt. Die Einheiten haben intensiv gekämpft. Sie zerstörten viel gegnerische Technik und vernichteten viele feindliche Soldaten.

Später wurde befohlen, die Verteidigungslinie um den Umkreis  von Charkiw zu errichten. In der Nacht gruppierten sich die Einheiten neu. Und am Morgen wurden Verteidigungslinien entlang der Ringstraße errichtet. Damals waren die Russen bereits in Charkiw. In den Straßen dauerten die Gefechte an. Alle kämpften um Charkiw: sowohl Militärs als auch Zivilisten – Einheiten der ukrainischen Streitkräfte, die territorialen Verteidigungseinheiten, die Nationalgarde, die Polizei, Freiwillige. Man hat praktisch in jeder Straße den Feind zerschmettert.

 „Man kann nicht den Feind unterschätzen. Aber man kann und muss ihn schlagen“

Ich erinnere mich daran, als per Funk berichtet wurde, dass die Russen auf dem Umweg durch den Wald vonseiten der Ortschaft Pissotschyne vorgerückt haben. Ich habe im Rundfunk gehört: „Die Russen nutzen Lastwagen“. Ich gebe den Befehl: „Alle in Kenntnis zu setzen! Alle Lastwagen anzuhalten. Der Feind ist drin!“. Ich sage dies und sehe, wie Lastwagen – einer, zweiter - neben mir in großer Geschwindigkeit rennen. Ein weiterer Befehl : „Feuer!“. Damals haben wir die Russen aus der Stadt zurückgeschlagen. Sie sind sehr schnell geflohen.

Es war durchaus wichtig, in den ersten zehn Tagen die Initiative zu ergreifen. Und wir haben es getan. Wir haben die Russen aus der Stadt zurückgeschlagen und sich gut befestigt. Sie haben Momente der Plötzlichkeit verloren und verstanden, sie werden zur Stadt nicht mehr vorrücken können. Ich sage so: Vielleicht haben alle damals erst wahrgenommen, dass die russische Armee nicht so stark ist, wie es scheint. Man muss den Feind natürlich nicht unterschätzen. Aber man kann und muss ihn schlagen. Als wir die Situation geändert und eine Offensive begonnen haben, fühlten sich die Kämpfer bezüglich ihrer Kräfte zuversichtlich. Der Feind war im Gegenteil demoralisiert. Er verlor endgültig die Hoffnung, dass er den Krieg schnell, ruhig und widerstandslos beenden würde.

„Russen sind eine Armee von Barbaren“

Was kann ich über Feinde sagen… Sie zu loben werde ich eindeutig nicht. Plünder, Penner. Wir haben ihre Stellungen, Kontrollposten  gesehen – es ist schrecklich. Alles daneben – Verletzte, Essen und ,Entschuldigung, Toilette.  Als wir die Russen aus der Ortschaft Zyrkuni zurückschlugen, haben wir gesehen, dass sie ihre Verletzten und Soldaten verlassen. Aber gebeutete Haushaltstechnik wie Waschmaschinen usw. haben sie mitgenommen und sind Richtung Russlands geflohen. Es gibt keinen Respekt für sie, die Russen sind eine Armee von Barbaren. Ich möchte aber ihren Kommandeuren sagen, dass sie ihre rosaroten Brillen abnehmen und sich umsehen. Wir werden auf jeden Fall siegen. Sie kämpfen doch für Putin und wir für die Heimat.  

„Wir brauchen Panzer, Luftverteidigungssysteme und Artillerie mit großer Reichweite“

Reguläre Truppen der Russischen Föderation kämpfen perfid. Sie kämpfen mit maximaler Anzahl der Kamppanzer, Artilleriesysteme. Enorme - dutzende Male - russische Überlegenheit. Von Angang an überlegten sie an Flugzeugen, Hubschraubern, Panzern, Raketenwerfer „Buratino“.

 Aber wir haben überstanden. Wir haben es gelehrt, sich gegen jede Schläge zu wehren. Jetzt werden alle Arten von Schlachten so weit wie möglich verwendet - Manöververteidigung, Angriffshandlungen. Und für ihre wirksame Durchführung ist es möglichst viele Waffen notwendig. Wir benutzen erfolgreich und professionell die Panzerabwehrmittel NLAW und Javelin, Stinger-Raketen und Piorun, die uns die internationalen Verbündeten bereitgestellt haben. Aber wird brauchen mehr Waffen. Diese Waffen soll es in allen Abteilungen so viel wie möglich geben. Außerdem brauchen wir Panzer und Artillerie mit großer Reichweite .Und je mehr wird es Munition geben, desto besser ist es.

„Würden wir kein Vertrauen im Team haben, wären wir nicht vorgerückt, hätten wir nicht gekämpft“

Die Brigade ist für mich die zweite Familie. Ich habe so viel Seele in sie gelegt. Praktisch die ganze Zeit verbringe ich in der Brigade. Batailloskommandeure ernannte ich persönlich, sprach mit ihnen. Ich vertraue ihnen zu 100 Prozent. Ich weiß, dass sie die Aufgabe auf jeden Fall erfüllen werden.

Zu Beginn des groß angelegten Einmarsches gab es einen beispielhaften Fall. Wir haben eben Brigaden des operativen Kommandos in ihre Stellungen gebracht. In der Nacht sage ich: „Jung, schlaft ein wenig, ruht euch aus, wir werden Dienst haben“. Ich habe mich auf den Stuhl an der Karte gesetzt – plötzlich eine Explosion. Eine Fliegerbombe hat getroffen. Ich bin auf dem Stuhl aufzuspringen. Und nun eine weitere Explosion. Wir wurden verschüttet. Es war dunkel. Wir suchten nach einander. Wir haben Laternen eingeschaltet und eine Rundumverteidigung eingenommen. Wir haben zum Foyer alle Sachen gebracht und setzten unsere Arbeit fort. Niemand ist zurückgezogen. Niemand war erzittert. Das Einzige war es, dass alle schnell ihre Helme angezogen haben (lacht).

Sie alle sind für mich wie Angehörige. Wegen jedes von ihnen mache ich mir Sorgen und bin bereit, mein Leben zu opfern. So wie sie für mich ihr Leben. Ich weiß das und sehe es. Wenn wir kein Vertrauen im Kollektiv hätten, würden wir nicht vorwärts gehen und kämpfen.

„Unsere Kinder, Enkelkinder müssen in einem unabhängigen Staat leben – um das kämpfen wir“

Wovon bin ich begeistert? Mein Land und Boden. Meine Familie. Meine Soldaten. Ich bin für jeden verantwortlich. Das ist meine Begeisterung. Dafür lebe ich.

Ich möchte nach dem Sieg mit Brigade im Parademarsch von Charkiw nach Tschuhujiw marschieren. Ich möchte Blumen an Gräbern gefallener Jungs niederlegen. Ich möchte mich vor allen Müttern verbeugen, ihnen dafür danken, dass sie ihre Söhne und Töchter so erzogen haben, dass sie ohne nachzudenken kämpfen gingen, die Heimat zu verteidigen. Das ist das Wichtigste.

Und dann kann man unser Land wiederaufbauen und verbessern. Die Ukraine muss frei sein. Unsere Kinder, Enkelkinder müssen in einem unabhängigen Staat leben – um das kämpfen wir. Dafür haben meine Jungs ihr Leben geopfert…

Ich werde meine Enkelkindern so über diesen Krieg erzählen: „Das war ein Kampf des freien Volkes um seine Freiheit und gegen den russischen Nazismus“.

„Ich träume von Familienurlaub“

Mein persönlicher Traum… Alles ist ganz einfach. Ich möchte das Zelt und das Boot endlich auspacken, die man mir vor zwei Jahren zu meinem Geburtstag geschenkt hat. Angeln zu nehmen. Und zusammen mit den Söhnen und der Tochter, die ich bereits ein halbes Jahr nicht gesehen hat, dorthin zur Erholung zu fahren, wo niemand mich finden wird. Das Telefon abzuschalten, das Lagerfeuer anzuzünden, Fischsuppe zu kochen. Sich mit der Familie selbst wenn binnen fünf Tage einfach zu erholen.

Alina Logwynenko, Serhij Lyssenko

Foto: Arsen Fedossenko

nj

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