Pawlo Klimkin, ukrainischer Außenminister

Wenn Russland Waffen im Donbass als seine nicht anerkennt, müssen sie unter Aufsicht der OSZE entsorgt werden

26.05.2016 11:38

Am Dienstag war der ukrainische Außenminister Pawlo Klimkin mit einem eintägigen Arbeitsbesuch in Paris. Er erzählte dem Ukrinform-Korrespondenten in einem exklusiven Interview über den Zweck seines Besuches in Frankreich, über das Schicksal der Polizeimission in der Ukraine und andere aktuelle Themen.

- Herr Pawlo Anatolijowytsch, am Montag hatten die Teilnehmer des „Normandie-Quartetts“ Verhandlungen über den Minsker Prozess und am Dienstagmorgen haben Sie sich schon mit Ihrem französischen Amtskollegen getroffen. Worüber haben Sie mit Jean-Marc Ayrault gesprochen?

- Der Tag begann, in der Tat, mit einem Treffen mit dem französischen Außenminister Jean-Marc Ayrault. Wir erinnerten uns an die Ergebnisse der Verhandlungen der vier Staatschefs, wir sind an der Notwendigkeit der Gewährleistung der Sicherheit als Voraussetzung für jede Entwicklung der Situation stehengeblieben. Wir diskutierten darüber, wie wir uns weiter in Richtung der Abstimmung der Grundparameter der OSZE-Beobachtungsmission bewegen werden, welche Aufteilung der Befugnisse und Verantwortlichkeit zwischen ihr und der zukünftigen Polizeimission sein kann. Wir berührten auch die Frage der Wahlmodalitäten. In den nächsten Tagen plane ich ein Treffen mit Herrn Steinmeier.

Darüber hinaus wurde die Agenda der Beziehungen und der Zusammenarbeit mit der Europäischen Union berührt, insbesondere die Frage über das visafreie Regime, die Tagesordnung der bilateralen Beziehungen. Es war also ein ergiebiges bilaterales Treffen.

- Mit wem haben Sie sich noch in Paris getroffen?

- Ich hatte auch viele Treffen im französischen Parlament, sowohl in der Nationalversammlung als auch im Senat. Es ging darum, was wir (Ukraine) tun, und was Russland für die Erfüllung der Minsker Abkommen nicht tut. Beim Treffen waren die Abgeordneten anwesend, die traditionell die pro-russische Position einnehmen.

- Herr Minister, die Erklärung der Staatschefs des Normandie-Quartetts bezüglich der möglichen Entsendung einer Polizeimission in den Osten der Ukraine wird von Kiew und Moskau unterschiedlich interpretiert. Insbesondere eilte der Kreml zu erklären, dass es um die spezielle Beobachtermission ging, und nicht um eine separate OSZE-Polizeimission. Klären Sie bitte auf.

- Na, erstens hat die Spezielle OSZE-Beobachtermission kein Mandat für die Gewährleistung der Wahlen im Osten der Ukraine. Wir können über verschiedene Optionen reden, aber wir gehen heute davon aus, dass wir eine separate Mission brauchen. Es muss eine separate, bewaffnete OSZE-Mission sein, die die Sicherheit vor den Wahlen, bei Wahlen und nach ihrer Abhaltung gewährleisten muss. Diese Mission muss stark genug sein, um vor allem die allgemeine Sicherheit während des Wahlkampfes zu gewährleisten. Wir können über freie und faire Wahlen, über die Wahlen überhaupt nicht reden. Zweitens, wir müssen gut verstehen, dass eine solche Mission da sein muss. In welcher Form, das ist das Thema der weiteren Diskussion bis zum Moment, bis im Donbass ein normales Leben wieder ist, denn bis dahin wird sich niemand in der Sicherheit fühlen. Genau das meinen wir.

Wir haben auch vereinbart, und das habe ich heute (Dienstag) sowohl mit dem Außenminister Jean-Marc Ayrault als auch beim Treffen mit dem diplomatischen Berater des Präsidenten Frankreichs, Jacques Audibert, besprochen, dass wir diese Fragen auf der Wiener Plattform beginnen zu diskutieren. Das ist für uns sehr wichtig, dass alle Funktionen, die man für die Gewährleistung der Sicherheit braucht, die Spezielle OSZE-Beobachtungsmission in vollem Umfang erfüllt. Was wir im Moment nicht haben, ist der allumfassende Zugang zu allen besetzten Gebieten von Donbass. Es gibt keine effektive Überwachungsgrenze. Und beides muss rund um die Uhr funktionieren. Denn, wenn die Mission nur am Tag da ist, und in der Nacht über die Grenze bewaffnete, reguläre Truppen, Söldner und Munition kursieren, dann verliert jede Logik einer effektiven Kontrolle jeden Sinn. Natürlich müssen wir verstehen, wer den Abzug der russischen Waffen und Truppen beobachten wird.

- Ja, aber Russland hat von Anfang an des Konflikts seine Beteiligung an dem Krieg und das Vorhandensein von Waffen im Osten der Ukraine bestreitet...

- Wenn Russland kategorisch leugnen wird, dass das seine Waffen sind, obwohl der ganzen Welt schon lange klar ist, dass sie aus Russland sind, dann müssen diese Waffen gesammelt und unter der vollständigen Kontrolle der internationalen Gemeinschaft, unter der Aufsicht der OSZE entsorgt werden. Wir müssen gemeinsam entscheiden, welche Mission das tun wird, oder werden sie das gemeinsam tun. All diese Fragen benötigen eine weitere Diskussion. Aber solange wir nicht verstehen, wer dafür auf allen Etappen, für alle Aspekte der Sicherheit verantwortlich sein wird, wie das passieren wird, können wir über irgendwelche Sicherheitslage vor und während der Wahlen nicht reden. Und das war gerade eines der wichtigen Themen der Gespräche mit den französischen Partnern, insbesondere mit Jean-Marc Ayrault.

- Im Kontext der bilateralen Beziehungen zwischen der Ukraine und Frankreich haben Sie mit dem Innenminister die Möglichkeit der gegenseitigen Anerkennung der Rechte des Fahrers in unseren Ländern diskutiert?

- Erstens, wir diskutieren lange Zeit dieses Thema mit der französischen Seite. Die Ukraine hat in diesem Kontext eine positive Erfahrung mit Spanien, jetzt nutzen wir sie mit Italien. Ich weiß, dass solches Problem existiert, es ist hier, in Frankreich weniger akut. Aber wir haben heute (Dienstag) diese Frage im Innenministerium nicht berührt. Ich erinnere mich gut daran, dass dieses Thema bei letzten zwischenbehördlichen Konsultationen unserer Länder diskutiert wurde. Und wir werden uns natürlich weiterhin in diese Richtung bewegen. Meiner Meinung nach sollten wir diese Frage der nationalen Kompetenz auf der Grundlage bilateraler Abkommen lösen, aber sie bezieht sich auf den globalen Kontext. Wir benötigen jetzt eine gegenseitige Anerkennung von vielen Dingen, da sie den Bereich der „Aufhebung der Grenzen“ betreffen. Und das ist sehr wichtig.

- Herr Minister, welchen Eindruck haben sie nach dem Besuch des französischen Parlaments? Erschien dort eine „kritische Masse“ im Zusammenhang mit der Verabschiedung durch den Senat der deklarativen Resolution über die Aufhebung der Sanktionen gegen Russland?

- Zum heutigen Stand ist der Entwurf der Entschließung durch den Ausschuss für europäische Angelegenheiten vorbereitet worden. In der französischen Nationalversammlung wurde dieser Entwurf nicht einfach durch eine Mehrheit verabschiedet, sondern in der Tat von mehreren Dutzend Abgeordneten (Bei der Abstimmung waren sehr wenige Abgeordnete im Saal anwesend, „für“ stimmten 55 Abgeordnete, „gegen“ - 45, während die Gesamtzahl der Abgeordneten des Unterhauses des französischen Parlaments 577 Abgeordneten beträgt – Red.). Soweit ich die Situation verstehe, die sich im Palais Bourbon (die Nationalversammlung Frankreichs – Red.) ergab, haben viele Abgeordnete eine solche Entwicklung gar nicht erwartet, dass es eine positive Abstimmung geben wird. Aber sie dient als gute Erfahrung. Nun sind alle, mit wem ich mich traf, bereit sind, mit dem Text der Entschließung so zu arbeiten, dass daraus ein Dokument wird, das sich auf die Umsetzung der Minsker Abkommen richten wird. Natürlich werden in ihm separat die Souveränität, die territoriale Integrität und die Unverletzlichkeit der Grenzen der Ukraine hervorgehoben werden. Diesem Prozess haben sich bereits die Abgeordneten der Obersten Rada der Ukraine (Parlament der Ukraine) angeschlossen und wir fahren den Dialog fort.

- Mit anderen Worten sollen die Ukrainer eine neue Fassung des französischen Entwurfs der Resolution erwarten?

- Es geht darum, dass die Resolution, die behandelt wird, solche Änderungen durchmachte, die dieses Dokument sehr wichtig und nützlich für die bilaterale Zusammenarbeit machen werden. Da Russland und die russische Propaganda ihre Anhänger dafür nutzen wollen, diese Resolution für ein politisches Signal für die Aufhebung der Sanktionen auszugeben. Aber ich habe so eine Stimmung weder im Senat noch in der französischen Nationalversammlung gespürt. Obwohl jede Entscheidung kann man, natürlich in einem positiven für sich Sinne interpretieren. Und das dürfen wir nicht zulassen. Gerade deshalb erörterte ich bei den Treffen die europäische Agenda und die Umsetzung der Minsker Vereinbarungen, weil Frankreich ein unverlierbarer Bestandteil des Normandie-Formates ist, sowohl mit Ministern als auch mit Vertretern der Nationalversammlung und des Senats. Ich glaube, dass es unabhängig vom Ausgang der Abstimmung über dieses Gesetz, das keine verbindliche Funktion hat, wichtig war, den Parlamentariern den Standpunkt zu vermitteln, wo genau wir auf dem Wege der Erfüllung der Minsker Abkommen sind.

Russische Propaganda versucht, effektiv eine These zu verbreiten, dass die Ukraine angeblich auch Minsker Vereinbarungen nicht erfüllt, das sie für die nötigen Gesetze nicht stimmt, und heute habe ich ausführlich die Logik erklärt, wie Minsk erfüllt wird und wie die Konsultationen innerhalb des Normandie-Formats stattfinden. Für viele Parlamentarier war es wichtig, darüber zu hören, was im Kontext der Umsetzung der Reformen in der Ukraine geschieht, zum Beispiel, die Schaffung eines effektiven Systems zur Bekämpfung von Korruption und andere Innovationen. Wir können nicht von jedem französischen Abgeordneten erwarten, dass er den Tag mit Nachrichten über die Ukraine beginnt und ihn mit ihnen beendet. Daher muss man jede Gelegenheit nutzen. Ich hoffe, dass ich sie heute (Dienstag) richtig genutzt habe.

Roman Suschtschenko, Paris