Von den 11 Bildungseinrichtungen in Isjum sind vier mehr oder weniger intakt
Das Lyzeum Nr. 11 in der Ruinenstadt Isjum in der Region Charkiw ist eine der vier Einrichtungen, die nach Angaben des Personals und der örtlichen Behörden „mehr oder weniger intakt“ sind. Dies ist im Vergleich zu den anderen, die völlig zerstört wurden. Der Wiederaufbau begann mit dieser Einrichtung. Das Personal und die Versorgungsunternehmen räumten und entfernten tonnenweise Müll, während Bauunternehmer Fenster einbauten und ein neues Dach anfertigten.
Beamte von Isjum erklärten den Ukrinform-Journalisten, wie die Einrichtung aussieht und welche Perspektiven sie hat.
DIE BESATZER HABEN DIE HEIZKÖRPER ABGESCHNITTEN UND FÜR DEN ABTRANSPORT VORBEREITET
Das Gebäude des Lyzeums Nr. 11 wurde in der ersten Woche der groß angelegten Invasion beschädigt. Anfang März 2022, als die Invasoren die Stadt teilweise einnahmen, nisteten russische Soldaten hier ein.
Direktorin Olena Andruschok zeigt das Gebäude mit Traurigkeit und Optimismus zugleich:
„Ich verstehe, dass es keine Ruine wie andere Schulen ist, aber alle Räumlichkeiten sind in einem solchen Zustand, dass es unmöglich ist, zu lernen. Natürlich ist es nicht mit der vorjährigen Situation zu vergleichen. Das Dach wird gerade repariert, und alle Fenster sind ausgetauscht. Aber es gibt noch viel zu tun“.
Olena Andruschok
Andruschok ist selbst Abiturientin dieser Schule, es war ihr erster Job, noch bevor sie die Pädagogische Universität besuchte, und seit ihrem dritten Studienjahr, als sie in das Fernstudium wechselte, hat sie diese Wände nicht mehr verlassen. In den letzten acht Jahren war sie die Oberstudiendirektorin.
Die Räumlichkeiten müssen nach der Besetzung repariert werden.
„Es ist unmöglich, die Eindrücke in Worte zu fassen, die ich nach der Befreiung der Stadt hatte ... Es gab keine Türen, sie sind abgerissen und in die Gräben geschleift worden, um im Schlamm nicht zu laufen. Das Gleiche haben sie mit den Аrbeitsplatten gemacht. Sie haben das Linoleum in den Büros zerrissen und es in den Keller gelegt, wo sie gelebt und ihre Doppelpritschen aufgestellt haben“, sagt Andruschok.
Natürlich stahlen die Besatzer auch die gesamte Computerausrüstung. Die ukrainischen Lehrbücher wurden weggeschafft.
Vor allem aber wurde die Heizungsanlage zerstört. Zuerst fror sie ein, weil die Russen den Heizungsraum mit Luftangriffen zerstörten. Nachdem sie in die Schule eingedrungen waren, durchtrennten die Besatzer Rohre und Heizkörper in dem ganzen dreistöckigen Gebäude.
„Sie haben sie ordentlich aufgestapelt. Offensichtlich wollten sie sie zu Schrott verarbeiten, um Geld zu machen. Dazu hatten sie keine Zeit. Es gibt keine andere Erklärung dafür“, sagte die Direktorin.
Die Kantine des Lyzeums, die einige Jahre vor der Invasion renoviert worden war, wurde völlig zerstört.
„An den Wänden und auf dem Boden waren neue Fliesen. So viele Geräte waren ersetzt“, seufzt Olena.
EINRICHTUNGEN IN ISJUM WERDEN ZUSAMMENGELEGT UND RENOVIERT
Vor dem Krieg besuchten 460 Kinder die Schule, jetzt sind es 743, von denen sich 420 in Isjum aufhalten.
Da die Hälfte der Schulen ihre Gebäude verloren hat, werden die Einrichtungen in Isjum zusammengelegt. In Zukunft werden die Kinder nach größeren Reparaturen offline lernen können.
„Wir sind mit dem Lyzeum Nr. 12 zusammengelegt worden. Dementsprechend ist das Personal aufgestockt worden: Es gibt jetzt 60 Lehrer, während es vorher 35 waren. Fast alle Lehrer sind wieder an der Arbeit, einige bleiben in anderen Regionen oder in europäischen Ländern, aber alle unterrichten online“, sagt Olena Andruschok.
Rolf Holmboe und Walerij Martschenko
Walerij Martschenko, Leiter der Militärverwaltung der Stadt Isjum, stellt fest, dass das 11. Lyzeum die erste Bildungseinrichtung ist, die in der Stadt renoviert wurde.
„Die Mittel stammen aus verschiedenen Quellen: aus dem städtischen und regionalen Haushalt sowie aus Zuschüssen der Europäischen Union. Wir planen, alle Arbeiten bis zum Ende dieses Jahres abzuschließen“, sagt der Leiter.
Peter Wagner
Peter Wagner, Leiter des Dienstes für Außenpolitische Instrumente der EU, und Rolf Holmboe, Leiter der EU-Beratungsmission in der Ukraine, besuchten kürzlich Isjum. Die europäischen Beamten diskutierten mit der Leitung der Gemeinde Isjum über die wichtigsten Herausforderungen der aktuellen Heizperiode, die Minenräumung und den Wiederaufbau von Schulen.
„Wir sind nicht nur hier, um eine erste Bewertung vorzunehmen und zu erkunden, wie wir in der Region helfen können, sondern auch, um den Ukrainern unseren tiefen Respekt und unsere Unterstützung zu bekunden: für die Herausforderungen, denen sie sich stellen mussten, für die Opfer und für die Arbeit, die sie leisten, und die Fortschritte, die sie erzielt haben. Die Befreiung von Isjum und anderen ukrainischen Gebieten ist ein wahrhaft heroischer Einsatz. Und wir werden sie weiterhin in diesem Kampf unterstützen“, sagte Wagner.
Rolf Holmboe zeigte sich beeindruckt von der Art und Weise, wie die Stadt ihre Lebensbedingungen stabilisiert und sich auf den Wiederaufbau vorbereitet.
„Wir planen, unsere Unterstützung zu verstärken, und zwar sowohl auf der zentralen Ebene der ukrainischen Regierung als auch für die lokalen Gemeinschaften. Dies wird auch für die Gebiete gelten, die in Zukunft zurückgewonnen werden“, fügte Holmboe hinzu.
Der Leiter der Militärverwaltung der Stadt Isjum hofft, dass die Europäische Union der Stadt vor allem beim Wiederaufbau von Schulen und beim Bau von Bombenschutzräumen in Bildungseinrichtungen helfen wird.
„Von den 11 Bildungseinrichtungen, die wir vor dem Krieg hatten, sind nur vier mehr oder weniger intakt geblieben, und sie sind auch nicht in einem sehr guten Zustand. Wir sind nicht in der Lage, sie aus eigener Kraft wiederaufzubauen. Bombenschutzräume sind nach wie vor ein Problem, da unsere Einrichtungen überhaupt nicht über solche Räume verfügt haben. Die Organisation eines sicheren Raums zum Lernen ist eine wichtige Aufgabe“, sagt Martchenko.
Insgesamt werden mindestens 200 Millionen UAH für den Wiederaufbau der vier Lyzeen benötigt. Darin sind neue Möbel, Materialien und Ausrüstungen nicht enthalten.
Julija Bajratschna, Charkiw – Isjum
Fotos der Verfasserin