In Orichiw bleiben, um Tiere zu retten

In Orichiw bleiben, um Tiere zu retten

Ukrinform Nachrichten
Ein Ehepaar aus der Frontstadt Orichiw kümmert sich um 70 Katzen und Hunde, die von Einheimischen auf der Flucht vor dem Krieg zurückgelassen wurden

Die Einreise nach Orichiw in der Oblast Saporischschja ist jetzt eingeschränkt. Deshalb fuhren wir in Begleitung von Polizeibeamten in die Stadt. Sie nahmen das von Freiwilligen gespendete Futter für die Tiere mit, und wir kauften auch einige Leckereien. Die Polizisten erklärten uns, dass es leider unmöglich ist, alle Tiere aus dem Grenzgebiet raus zu schaffen, da alle Tierheime voll sind. Es bleibt nur also, sie zu füttern.

„WIR LEBEN VIELLEICHT DANK DER TIERE“

Als wir die Stadt betreten, hören wir Explosionen. „Das ist eine KAB, wir sollten hier nicht lange bleiben“, sagt der Polizist. Wir waren erst kürzlich in Orichiw, aber die Stadt ist wegen der neuen Zerstörungen immer schwieriger zu erkennen. Der Feind beschießt sie mit Artillerie und greift sie mit Flugzeugen an. Vor Beginn des Krieges lebten in Orichiw etwa 14–15 Tausend Menschen, jetzt sind es nur noch eintausend. Unter ihnen ist auch die Familie Lyssenko: Jurij und Ljubow. Sie kümmern sich um die Tiere, die zurückgeblieben sind.

Ljubow Lyssenko

Als wir vor dem Haus der Lyssenkos vorfuhren, rannten mehrere Hunde und Katzen auf die Straße. Die Besitzer folgten ihnen.

„Nur drei oder vier Familien, acht Personen, bleiben in unserer Straße“, sagt Ljubow, „früher waren es mehr als hundert, bis zu zweihundert, um genau zu sein. Alle anderen sind gegangen. Jeder hat seine Wahl getroffen, und wir haben unsere getroffen. Jedes Mal, wenn es ein Treffer in der Straße gibt, sagen die Leute: ,Na, werden diese Lyssenko's zur Vernunft kommen? Vielleicht werden sie jetzt die Stadt verlassen?‘ Und hier sind wir ... Wir haben einen Ofen aufgestellt, die Fenster geschlossen und warten auf den Sieg“.

Die Frau erinnert sich, dass sie und ihr Mann bei Ausbruch des Krieges verzweifelt waren und nicht wussten, was sie tun sollten. Dann gingen sie in die Kirche. Und jetzt, sagt sie, seien sie daran gewöhnt.

„Wir füttern 50 Katzen und etwa 15–18 Hunde. Wir wissen nicht, wo wir sie alle unterbringen sollen. Um ehrlich zu sein, gibt es zu Hause eine Menge Arbeit: im Garten oder im Haus ... Wir sind von morgens bis abends beschäftigt. Wir kochen drei oder vier Töpfe Brei für die Katzen und Hunde und Hühnerbeine, die wir mit Brühe würzen. Dann haben wir etwa drei Stunden Zeit, um etwas für uns selbst zu kochen, und dann müssen wir sie wieder füttern. Jetzt wird es früher dunkel, sodass wir kaum noch Zeit haben“, sagt sie.

Vor dem Krieg hatte das Paar einen Hund und sieben Katzen. Sie scherzen, dass sie schon damals Tiere liebten.

„Ryschyk, Puschok — der ist ein bisschen taub. Barsik, Buschenka, Pascha ... Ich komme, um sie zu füttern und zu zählen. Manchmal kommen statt der dreißig Katzen in diesem Hof nur zwanzig zum Futtern. Ich sage meinem Mann, dass sie nicht genug seien, und er antwortet mir, dass sie in einem anderen Hof seien. Morgens geht Jura die Hunde füttern, es gibt ein Haus die Straße hinunter, und sie rennen ihm im Rudel hinterher, setzen sich dann in der Nähe des Hofes hin und warten. Wir können nicht mit ihnen rausgehen. Und wir können sie auch nicht alleine lassen. Auch wenn man sagt, dass das kein Grund ist, hier zu bleiben, sind wir wahrscheinlich wegen der Tiere am Leben“, fügt Ljubow hinzu.

JEDES GEBÄUDE WIRD BESCHOSSEN UND GEFLICKT

Am 2. September schlug eine feindliche Granate im Haus ihres Nachbarn Walerij Pawlenko ein.

„Es war eine KAB. Sie hat mein Haus zerstört. Es gibt kein Dach, keine Fenster und keine Türen. Es ist traurig. Ich war zu der Zeit nicht zu Hause, sondern bei meinen Nachbarn. Deshalb bin ich noch am Leben“, sagt Walerij.

Walerij

Wir haben ihn zufällig getroffen: Er war mit dem Fahrrad auf dem Weg zu seinem Haus. Der Mann hat nicht vor, Orichiw zu verlassen. Er sagt, erstens könne er nirgendwo hin, und zweitens kämen sie ohne ihn nicht zurecht. Schließlich arbeitet Walerij bei der örtlichen Wasserversorgung, wo jeden Tag Wasser gepumpt und mit Wasserwagen zu den Menschen gebracht wird.

„Der Feind schießt die ganze Zeit, aber wir haben keine Angst mehr“, sagt der Mann und lächelt.

Wir fragen ihn, wo er den Winter verbringen wird. Er sagt, dass er immer noch in dem Nebengebäude wohnt. Er hofft, dass der Winter nicht so kalt sein wird.

„Wenn es wirklich schlimm wird, werden wir uns im Keller verstecken, um uns vor dem Beschuss und der Kälte zu schützen“, fügt er hinzu.

Während wir uns mit den Leuten unterhalten, hören wir die Geräusche der Artillerie.

Nach Angaben der Polizei gibt es nicht nur viele Zerstörungen in der Stadt, sondern jedes Gebäude wurde mindestens einmal getroffen und „geflickt“.

Ljubow Lyssenko erinnert sich an den Einschlag im Haus ihres Nachbarn und sagt: „Die Explosion war so stark, dass die ganze Straße gebebt hat“.

„Die Druckwelle war schrecklich. Mein Mann und ich waren zu Hause. Es war furchtbar. Die Decke und der Putz sind auf mich gefallen, aber Gott sei Dank sind wir am Leben. Leute sind gerannt und haben geschrien: ,Ist da noch jemand?‘ Und wir haben geschrien, dass wir da waren. Der Rauch war sehr dicht“, berichtet die Frau von ihrem Erlebnis.

Die Lyssenkos erlitten einen Granatenschock. Ihr anderer Nachbar wurde bei einem dieser Angriffe schwer verwundet und verlor seinen Arm. Daraufhin verließ er mit seiner Familie die Stadt.

„Wir werden jeden Tag beschossen. Heute waren es Kassetenbomben“, sagen die Leute.

Jurij feierte kürzlich seinen Geburtstag. Er bekam einen Schraubenzieher geschenkt, denn in der Stadt muss ständig etwas repariert werden, und ohne Werkzeug kann er es nicht tun.

Die Orichiver und Orichiverinnen freuen sich sehr über Gäste und erzählen, wie sie in der unzerstörbaren Stadt leben. Doch lange können wir nicht mehr bleiben. Die Explosionen sind unaufhörlich, und es ist nicht abzusehen, wo die nächste Granate landen wird.

Die Polizeibeamten sagen, dass sie versuchen, den Tieren regelmäßig Futter zu bringen und sie, wann immer möglich, raus zu schaffen.

Switlana Sopolewa

Auf dem Heimweg sagte die Hundetrainerin Switlana Sopolewa, die mit uns in Orichiw war, dass sie in ein paar Tagen in die Stadt zurückkehren und drei Katzen zu sich nach Hause nehmen würde. Die Polizistin sagte, sie habe bereits drei gerettete Katzen zu Hause, aber sie könne hier nicht abseits stehen.

Olha Swonarowa, Saporischschja

Fotos von Dmytro Smoljenko


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